Die Geschichte und die Stadtentwicklung Victorias (für das Exkursionsprotokoll Paz. Nordwesten 1998)
1. Ein kurzer Überblick: Victoria, Hauptstadt von British Columbia,
liegt an der äußersten Südspitze von Vancouver Island. Heute leben im Großraum von Victoria (inklusive der Eingemeindungen Saanich, Oak Bay und Esquimalt) mehr als 300.000 Menschen. Es herrscht ein sehr ausgeglichenes mildes Klima
mit weniger als 700 mm Niederschlag pro Jahr und einer täglichen Sonnenscheindauer von 6 Stunden. Dies macht die Stadt natürlich äußerst interessant für den Tourismus und auch für Menschen, die z.B. einen Alterswohnsitz suchen.
Doch zunächst etwas über die Geschichte der Stadt.
2. Die Geschichte Nachdem James Cook 1778 der erste Europäer gewesen war, der seinen Fuß auf den Boden des heutigen British Columbia gesetzt hatte und es sozusagen für England in Besitz genommen hatte,
gründete die Hudson’s Bay Company am 14.3.1843 “Fort Albert” als Handelsposten. Im Juli desselben Jahre wurde es zu Ehren der britischen Königin umbenannt in “Fort Victoria”. Da es einen sehr sicheren Zufluchtsort darstellte,
wurde es der wichtigste Stützpunkt der “Eastern Pacific British Navy”. Entscheidend für die Zukunft Victorias war auch, daß Vancouver Island 1849 nicht wie der restliche Kontinent durch den 49. Breitengrad als Grenze geteilt
wurde. Die Insel wurde stattdessen in ihrer Gesamtheit zur Kronkolonie Vancouver Island, mit Victoria als Sitz des ersten Gouverneurs Richard Blanshard. Der nächste entscheidende, und wohl der wichtigste, Schritt für das Wachstum
der Stadt waren Goldfunde auf dem Festland im Jahre 1858. Goldsucher aus der ganzen Welt, besonders aber aus Kalifornien und Australien, kamen in die Stadt, denn Victoria war der einzige Pazifikhafen der Region und die einzige
Möglichkeit, sich mit Ausrüstung zu versorgen. Ebenfalls im Jahre 1858 wurde die Kronkolonie British Columbia gegründet. Acht Jahre später wurden dann beide Kronkolonien “zusammengelegt” und am 21. Juli 1871 wurde British
Columbia die sechste Provinz Kanadas und Victoria ihre Hauptstadt. Fast das gesamte 19. Jahrhundert hindurch war Victoria die größte und auch wirtschaftlich bedeutungsvollste Stadt im Westen Kanadas. Dies änderte sich jedoch mit
der Fertigstellung der transkontinentalen Eisenbahn 1885, die in Vancouver endete. Bis heute ist Vancouver die Wirschaftsmetropole der Provinz. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich Victoria zu einer Stadt der Verwaltung (25.000
Staatsbeamte) und des Tourismus. Außerdem kam es in den letzten Jahren zu einer sehr starken Zuwanderung aus anderen Regionen Kanadas, vor allem von Senioren, Familien und Studenten. Es wurde also viel neuer Wohnraum benötigt. So
wurde beispielsweise der Bereich des Inner Harbour direkt auf der anderen Seite der Zugbrücke neu bebaut. Hier hatte sich bis 1911 noch ein “native village” befunden, später siedelte sich hier Industrie (vor allem Schiffbau und
Metalverarbeitung) an, die dann jedoch zugunsten neuen Wohnraums verschwunden ist.
3. Der Tourismus Wie bereits erwähnt ist Victoria klimatisch sehr begünstigt. Dies und der Ruf, die “most british city” außerhalb Großbritanniens zu sein, machten die Stadt früh zu einem beliebten
Reiseziel. Bereits um die Jahrhundertwende wurde beispielsweise das Empresshotel gebaut, das bis heute das größte Hotel der Stadt ist (7000 Räume). Zu dieser Zeit überwug allerdings der Luxustourismus. Reiche, ältere Menschen
kamen aus ganz Nordamerika, um das britische Flair der Stadt zu genießen. Allerdings wurde im Laufe der Zeit immer deutlicher, daß dieser Reiz für die meisten nach einem Besuch verflogen war. Sie verbrachten meist nur eine kurze
Zeit in der Stadt und kamen nicht zurück. Nachdem anfang der 60er Jahre auch noch viel Industrie in die Metropole Vancouver abgewandert war, versuchte man in Victoria auch den Massentourismus in die Stadt zu locken und damit
eine neue Geldquelle zu erschließen. Wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung die folgen sollte waren die Fertigstellung des Transcanada-Highway 1958 und regelmäßige Fährverbindungen nach Vancouver (Personen- und Autofähre
nachTsawwassen) und Seattle (Victoria Clipper, eine schnelle Personenfähre). Heute ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle der Stadt, und es wird alles getan, um die Gäste möglichst lange in der Stadt zu halten. So werden
beispielsweise von der Stadt Musiker bezahlt, die die Gäste rund um den Inner Harbour, hier spielt sich das meiste touristische Leben ab, unterhalten. Außerdem werden gibt es sehr viele neue Angebote, wie z.B. Parasailing,
Whalewatching, Sea Kayaking, organisierte Wanderungen, Hafenrundfahrten usw. um auch junge Touristen anzulocken. Und all dies geschieht mit großem Erfolg. Mittlerweile setzt die Tourismusbranche der Stadt mehr als eine Milliarde
Dollar pro Jahr um, und viele Studenten der University of Victoria können sich mit einem Sommerjob ihr Studium finanzieren. Es wurde und wird auch versucht, alte Gebäude durch neue Nutzung und Umgestaltung für die besucher und
auch die Einheimischen interessant zu machen. So wurden aus alten heruntergekommmen Absteigen komfortable Hotels und auch eine Jugendherberge oder aus einem alten Hafengebäude ein Wachsmuseum nach londoner Vorbild. Es wurden aber
auch ganze Blocks und Viertel umgestaltet, was ich im folgenden an zwei Beispielen darstellen möchte: Market Square: Der Market Square liegt in der eigentlichen “Altstadt” Victorias, von der gesagt wird, daß sie, im Gegensatz zum
restlichem Victoria nie ein Stück vom “ole England” war. Zur Blüte der Stadt im späten 19. Jahrhundert war “Old Town” das kommerzielle Zentrum der Stadt, wo sich Händler, Handwerker, Gastwirte, Spieler, Opiumhändler usw.
ansiedelten. Der ganze Bereich wurde nun völlig renoviert und beherbergt heute eine Vielzahl von verschiedenen Geschäften. Es herrscht eine angenehme entspannte Stimmung, nicht mehr die Hektik früherer Tage. Chinatown: Das
chinenische Viertel der Stadt, übrigens das älteste und früher auch das größte in ganz Kanada, schließt sich direkt nördlich an den Market Square an. Es war bis vor wenigen Jahren sehr heruntergekommen und hatte einen sehr
schlechten, unsicheren Ruf. Um die Jahrhundertwende befand sich hier eine sprichwörtliche Opiumhöhle. Im Bestreben die Stadt nicht nur um den Inner Harbour für Touristen interessant zu machen wurde auch hier saniert. das Bild des
Stadtteils hat sich völlig gewandelt. Viele Einwohner Victorias kaufen hier ein, und es werden auch mehr Touristen gezählt. Um die Entwicklung der letzten Jahrzehnte fortzusetzen plant die Stadtverwaltung nun auch die
touristische Erschließung der nördlich der Zugbrücke gelegenen Bereiche des Inner Harbour. Dort befindet sich im Moment noch Industrie. Genauere Informationen zur geplanten Erschließung liegen mir leider noch nicht vor.
4. Literatur - Informationen aus dem Infocentre am Inner Harbour
- Internet: - eigener Mitschrieb der Stadtführung von John Newcomb (University of Victoria)
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