Institut für Sport und Sportwissenschaft Albert-Ludwigs-Universität Freiburg WS 1998/99 Hauptseminar Sportpädagogik Leitung: Professor Scheid
Sport und soziale Arbeit Jan Flittner Inhaltsangabe: 1. Einleitung3 2. Was ist soziale Arbeit?3 2.1 Die Sozialarbeit3 2.2 Die Sozialpädagogik4
3. Sport und Jugendhilfe4 4. Die gesetzliche Grundlage für soziale Arbeit: Das Kinder- und Jugendhilfegesetz7 4.1 Der Sport im KJHG7 5. Einige Ansätze und Projekte8 5.1 Der Abenteuersport8
5.2 Das Auszeitprojekt in Hessen8 5.3 Mitternachtsbasketball9 5.4 Spieloffensive Weingarten9
6. Der Hort10 6.1 Die Geschichte des Horts11
6.2 Der Schülerhort der Freien Turnerschaft Freiburg11
7. Fazit13 8. Literaturverzeichnis14
1.Einleitung Sport und soziale Arbeit, bei diesem Thema scheint eigentlich alles offen und klar zu sein. Daß der Sport für die Integration von Randgruppen der Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt ist wohl unbestritten. Auch haben die Sportverbände und –vereine schon lange ihre Verantwortung für den sozialen Bereich erkannt und in Satzungen festgehalten. Dennoch gehen diese Theorie und die Umsetzung in der Praxis noch immer weit auseinander. Die Kooperation zwischen Sport (Verbände, Vereine, Sportwissenschaft) und der Sozialpädagogik sind unbedingt verbesserungswürdig. Im folgenden soll zunächst erläutert werden, was soziale Arbeit eigentlich bedeutet und welche Rolle Sport und Bewegung im Rahmen dieser Arbeit spielen beziehungsweise spielen können. Nicht zu vergessen sind hierbei die gesetzlichen Grundlagen und die Ausbildungssituation derer, die diese Arbeit leisten. Abschließend werden einige Modelle und Projekte der sportbezogenen sozialen Arbeit vorgestellt.
2.Was ist soziale Arbeit? Die "soziale Arbeit" ist ein Überbegriff für alle Bereiche der Sozialarbeit und der Sozialpädagogik. Dies sind insbesondere die Alten-, Gesundheits-, Jugend- und Sozialhilfe. Doch was ist nun der Unterschied zwischen Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Um dies zu klären, möchte ich einen Blick auf die Ausbildung und die Tätigkeitsgebiete dieser Bereiche werfen. 2.1Die Sozialarbeit Der Vorläufer der Ausbildung zum Sozialarbeiter oder zur Sozialarbeiterin war die Ausbildung für Fürsorge und Wohlfahrtspflege. Die Ausbildungsinhalte des heutigen Studienganges sind unter anderem Volkswirtschaft, Recht, Soziologie und Sozialpolitik, Verwaltungswissenschaft, Pädagogik und Psychologie. Die traditionellen Arbeitsfelder der Sozialarbeit liegen in der Sozial- und Jugendarbeit bei öffentlichen, kirchlichen und anderen freien Trägern, außerdem beispielsweise in der Drogenberatung, der Straffälligenarbeit und der Sozialarbeit in sozialen Brennpunkten und mit benachteiligten Gruppen. Als neue Arbeitsgebiete ergaben sich in letzter Zeit vor allem die Arbeit mit Ausländern und Aussiedlern und die Stadtteilarbeit und Sozialplanung. Was jedoch viele Sozialarbeiter/innen beklagen ist die oft dominierende Verwaltungsarbeit. Sehr viele Stellen werden von Schreibtischarbeit beherrscht. Hier werden bevorzugt Sozialarbeiter/innen eingestellt, da sie die entsprechende Ausbildung (Volkswirtschaft, Recht und Verwaltungswissenschaft) im Gegensatz zu den Sozialpädagogen/innen (siehe 2.2) haben. 2.2Die Sozialpädagogik Der Vorläufer dieser Ausbildung war die zum Jugendleiter oder zur Jugendleiterin und zur Kindergärtnerin. Die Ausbildungsinhalte des Studiengangs Sozialpädagogik konzentrieren sich auf Erziehungs- und Bildungsangebote. Die Arbeitsfelder für Sozialpädagogen und –pädagoginnen sind unter anderem Kindertagesstätten, Freizeiteinrichtungen, Heime, Beratungsstellen und Sport- und Freizeitinstitutionen. Schon an den Ausbildungsinhalten und Arbeitsfeldern ist zu erkennen, daß die Sozialpädagogik eher für die praktische Arbeit prädestiniert ist. Doch zurück zum Thema Sport und soziale Arbeit. Im folgenden möchte ich mich konzentrieren auf ein Gebiet der sozialen Arbeit,
3Sport und Jugendhilfe Untersuchungen zum Freizeitverhalten in Deutschland ergaben, daß der Sport eine der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen ist, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Durch die immer größer werdende Bedeutung der Freizeit in der Gesellschaft ist der Sport zu einem wesentlichen Bestandteil dieser Gesellschaft geworden. Er hat sich als Lernfeld für andere Lebensbereiche bewährt. Beim Sport können Jugendliche mit unterschiedlicher Herkunft (familiärer, nationaler, rassischer oder religiöser Herkunft) mit unterschiedlicher Ausbildung oder unterschiedlichen Alters zusammenkommen. Die Jugendlichen können durch den Sport lernen, sich sinnvoll in Rollen einzufügen, Kompromisse zu schließen, Regeln freiwillig einzuhalten, Initiative zu ergreifen, Bedürfnisse zu artikulieren, anderen zuzuhören oder auf andere einzugehen (vgl. Schilde, 18). Gemeinschaftsverhalten, Toleranz und Kommunikation werden fast sprachlos gefördert. Doch wie sieht sportbezogene soziale Arbeit in der Jugendhilfe in Deutschland aus? Sie hat sich vor allem in Sportvereinen und Sportverbänden entwickelt. Schon 1966 bekannte sich der Deutsche Sportbund (DSB) in einer Charta zu den von ihm in der Gesellschaft zu erfüllenden Aufgaben. 1972 folgte die Stellungnahme "Sport für alle", in der die gesellschaftliche Verantwortung des Sports für soziale Randgruppen herausgestellt wurde. Genau hier ergibt sich aber ein Problem. Dadurch, daß die sportbezogene soziale Arbeit zum Großteil in Vereinen stattfindet, werden eben die Randgruppen kaum erreicht. Sportvereine sind "stationär", es gibt sie kaum an den sozialen Brennpunkten. Hinzukommt, daß sozial benachteiligte Jugendliche oft Probleme mit dem Vereinsleben, das heißt mit Sportartfestlegung, Trainern und Regeln, haben und so nur kurz in Vereinen bleiben oder erst gar nicht eintreten. Statistiken zeigen, daß Jugendliche aus niederen sozialen Schichten in Vereinen unterrepräsentiert sind. Vereine und andere Einrichtungen müssen also auf die Jugendlichen zugehen, das heißt aus dem starren Vereinsleben heraus und andere, vielseitige Programme anbieten (siehe 5.). Doch selbst wenn es den Vereinen gelingt, auch die sozial benachteiligten Jugendlichen zu integrieren, so ist dies nur präventiv. Eine bereits bestehende Ausgrenzung oder Randständigkeit aus oder in der Gesellschaft kann hiermit nicht aufgehoben werden (vgl. Seibel in Walter, 127). Dies kann nur durch eine offene und flexible Jugendarbeit direkt in den Brennpunkten erreicht werden. Vereine und Verbände können hierbei allerdings behilflich sein, indem sie beispielsweise Personal bereitstellen. Diese Kooperation von Sport und Jugend- und Sozialhilfe ist eine große Herausforderung. Noch immer ist das Verhältnis zwischen sozialer Arbeit und Sport heikel. Die soziale Arbeit hat den Sport und seine Bedeutung für die Entwicklung der Jugendlichen lange unterschätzt oder sogar ignoriert. Der Sport als eine der Freizeitaktivitäten wurde kaum beachtet, in der Literatur und der Ausbildung kam und kommt der Sport kaum zur Sprache. So wird der Sport im "Handbuch zur Sozialarbeit/Sozialpädagogik" mit immerhin 1322 Seiten nur einmal kurz erwähnt (vgl. Schirp, 28). An vielen Fachhochschulen in Deutschland ist der Sport im Lehrangebot nicht vorhanden oder es besteht auf Seiten der Studierenden wenig Interesse für den Ausbildungsbereich Sport. Dieser Bereich ist in der Ausbildung von Sozialarbeitern und -pädagogen auch nicht klar definiert, was seine Ziele, Inhalt und Umfänge angeht. Nur an wenigen Fachhochschulen ist es überhaupt möglich, sich genug Kenntnisse für die Planung und Durchführung von sportlichen Angeboten anzueignen. Um dies zu erreichen, sollen nach Seibel "vielfältige sportpraktische Einheiten, die Spaß und Freude, Kommunikation und Interaktion vermitteln, angeboten werden. Mittels eigener positiver Erfahrungen ist das meist einseitig geprägte Bild von Sport zu erweitern und Sport unter freizeit- beziehungsweise breitensportlicher Orientierung kennenzulernen." (Seibel in Walter, 129). Wichtig hierfür sind auch sportwissenschaftliche Grundlagen wie Didaktik und Methodik, Sportmedizin und Trainungslehre. Bernd Seibel ist einer der Vorreiter in der Eingliederung des Sports in die Ausbildung an Fachhochschule. Er ist Professor an der Evangelischen Fachhochschule in Freiburg, an der der Sport fester Bestandteil des Lehrangebots ist. Es besteht eine Kooperation mit dem Badischen Sportbund, der Südbadischen Sportschule Steinbach und der Badischen Sportjugend Freiburg. Die dadurch entstandene Ausbildungsmöglichkeit ist auch zugänglich für Studierende der katholischen Fachhochschule. Die Studierenden können sich zunächst zum/zur Übungsleiter/in ausbilden lassen. Hier können sie sich allgemeine Grundlagen (sowohl theoretische als auch praktische) aneignen, die sie dann auf einem Kooperationslehrgang mit Wissen über die Arbeit mit sozial benachteiligten Jugendlichen verbinden können. Dieser Lehrgang "Sport für alle" steht auch Sportstudenten offen. Hier sollen "die Anliegen der sozialen Offensive des Sports erfahren und Möglichkeiten einer sportbezogenen lebensweltorientierten sozialen Arbeit aufgezeigt werden. Berücksichtigung findet dabei das veränderte Sportverständnis, wonach neben dem wettkampforientierten Sportgeschehen zunehmen Erlebnissport, neue und wiederentdeckte Spiele an Bedeutung gewinnen." (Seibel in Scheid, 174) Auch in der Ausbildung an den Sportinstituten der Universitäten ist die soziale Bedeutung des Sports ein wichtiges Thema. Allerdings findet hier nur eine wissenschaftlich theoretische Ausbildung statt, es werden keine oder kaum (höchstens in Diplomstudiengängen) Sporttherapeuten oder Sportsozialarbeiter ausgebildet. Die Frage ist allerdings, ob dies überhaupt die Aufgabe der Sportpädagogik sein kann und soll. Nach Meinung von Krüger ist "Soziales insofern ein Thema der Sportpädagogik, als es für Bildung und Erziehung im und durch den Sport eine Rolle spielt. Die Beschäftigung mit dem Thema Soziale Arbeit an den Instituten für Sportwissenschaft sollte nicht dazu führen, die Sportpädagogik zu einer Teildisziplin der Sozialpädagogik zu transformieren." (Fessler, 62) Insofern ist eine Kooperation zwischen Fachhochschulen und Sportinstituten beziehungsweise die Möglichkeit für beide Seiten, an Lehrgängen wie "Sport für alle" teilzunehmen, auf jeden Fall sehr wichtig und zu begrüßen.
4Die gesetzliche Grundlage für soziale Arbeit: Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) Das KJHG, das 1991 in Kraft getreten ist, bildet die Rechtsgrundlage für die freie und die öffentliche Kinder- und Jugendhilfe. Es ist also auch äußerst wichtig für die Einordnung des Sports in die Kinder- und Jugendhilfe. Das KJHG ist das achte Buch des Sozialgesetzbuchs. Hinzu kommen Ausführungsgesetze der jeweiligen Länder, in Baden- Württemberg ist dies das LKJHG. Vorgänger des KJHG war das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG), das als Schwerpunkt die Regelung von Eingriffsmöglichkeiten durch das Jugendamt hatte. Im Gegensatz dazu beschreibt das KJHG die Leistungen der Jugendhilfe wie folgt in vier Abschnitten. Erstens in der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes, zweitens in der Förderung der Erziehung in der Familie, drittens in der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Tagespflege und viertens in der Hilfe zur Erziehung. Es wird deutlich, daß der Schwerpunkt der Leistungen auf der Prävention liegt, nicht wie im JWG auf Intervention bei schon vorhandenen erkannten Problemen in den Familien. 4.1Der Sport im KJHG In Paragraph 11 Absatz 2 des KJHG heißt es: "Jugendarbeit in Sport, Spiel und Gesellschaft bilden einen Schwerpunkt des Leistungsbereichs "Jugendarbeit" in der Jugendhilfe". Somit wird die Jugendarbeit der Sportverbände und Sportvereine als Leistung der Jugendhilfe anerkannt. Dies ist sehr wichtig für die finanzielle Förderung des organisierten Sports, die auf der Annahme basiert, daß der Sport unverzichtbare soziale Funktionen in der Gesellschaft erfüllt (Integration, Sozialisation). Es können nun nach Paragraph 75 KJHG auch Jugendabteilungen von Sportvereinen als freie Träger der Jugendhilfe anerkannt werden und Unterstützung bekommen. Durch die gesetzliche Verankerung in der Jugendhilfe kann der Sport nun auch nicht länger von anderen, öffentlichen und freien, Trägern der Jugendhilfe und in der Ausbildung ignoriert werden.
5Einige Ansätze und Projekte Im Anschluß möchte ich einige unterschiedliche Projekte und Ideen der Jugendhilfe vorstellen, die den Sport nutzen, um verschiedene Ziele zu erreichen. 5.1Der Abenteuersport Eine gute Möglichkeit zum Einsatz in der Jugendhilfe bietet der Abenteuersport. Durch ihn ergeben sich vielfältige Lern- und Erfahrungschancen. Nach Meinung der Initiatoren ist er insbesondere für solche Jugendliche geeignet, die sonst in der Gesellschaft mit der Wirkungslosigkeit ihres Verhaltens konfrontiert werden. Doch was sind die Erfahrungen, die die Jugendlichen bei diesen Sportarten (zum Beispiel Klettern, Wildwasserfahren) sammeln und für ihr Leben nutzen können. Zum einen muß man sich nach den Bedingungen des Abenteuers richten, man muß eine Aufgabe zu Ende führen. Man kann auf einem Wildwasserfluß nicht einfach aus dem Kajak aussteigen wie man sich beim Fußball auswechseln lassen kann. Zum anderen muß man sich auf das jeweilige Problem konzentrieren. Entscheidungen sind riskant und man muß jeder Zeit auf Enttäuschungen vorbereitet sein und sie verkraften können. Dies fordert eine große Flexibilität. Vor allem beim Klettern werden die Jugendlichen gezwungen, Verantwortung zu übernehmen (der Sichernde) beziehungsweise einem anderen Vertrauen entgegen zu bringen (der Gesicherte). Hinzukommt, daß solche Sportarten den Jugendlichen, und zwar sowohl Jungen als auch Mädchen, fast immer Spaß machen. 5.2Das Auszeitprojekt in Hessen Die hessische Sportjugend hat einen anderen Weg gewählt, die Jugendlichen an verschieden Brennpunkten zu erreichen. Sie hat das Projekt "Auszeit" ins Leben gerufen. Hierbei fährt ein mit Sport- und Freizeitgeräten ausgestatteter Bus direkt in die sozialen Brennpunkte und organisiert Spiel- und Sporttage beziehungsweise –nachmittage. Dadurch sollen auch nachfolgende stationäre Projekte vor Ort angestoßen werden. Dies ist zum Teil auch schon mit Erfolg gelungen. Die Jugendlichen haben beispielsweise in Eigenregie eine Hütte gebaut, in der sie verschiedene Veranstaltungen organisieren. 5.3Mitternachtsbasketball Ein Projekt, das in mehreren deutschen Großstädten, läuft ist das des Mitternachtsbasketball. Ich möchte mich hier auf das Projekt in Stuttgart konzentrieren, das Teil des Projektes "Gemeinschaftserleben Sport" ist. Ziel ist es vor allem ein ungewöhnliches Angebot zu ungewöhnlicher Zeit (in der Nacht von Freitag auf Samstag von 22- 0.15 Uhr) zu machen. Die Jugendlichen, sollen von der Straßen ferngehalten, den sozialen Problemen wie Kriminalität oder Drogenabhängigkeit soll entgegengewirkt werden. Es wird auf die veränderten Freizeitgewohnheiten der Jugendlichen eingegangen, die Zeiten, in denen sie sich sonst nicht zu beschäftigen wissen, werden ausgefüllt. Außerdem wurde mit Basketball ein Sportart gewählt, die in den letzten Jahren in Deutschland einen ungeheuren Boom erfahren hat und für Jungen und Mädchen gleichermaßen geeignet ist. Durch Erfolgserlebnisse kann das Selbstbewußtsein gestärkt, Aggressionen und Berührungsängste abgebaut und Einzelpersonen integriert werden. Das Siel wird in Turnierform oder als freies Spiel durchgeführt, es läuft parallel Musik vom Band oder Livemusik. Außerdem werden alkoholfreie Getränke angeboten. Die Veranstaltungen werden sportpraktisch von Sportstudenten betreut, pädagogisch von der Mobilen Jugendarbeit. Nach den ersten positiven Erfahrungen ( das Projekt wurde von den Jugendlichen sehr gut aufgenommen, es gab während und nach den Veranstaltungen keinerlei Probleme und es waren Lernprozesse beim sportlichen und sozialen Verhalten der Teilnehmer zu erkennen) wurde das Projekt ausgeweitet und wird nun als Tour durch die Stadt durchgeführt. In 14-tägigen Rhythmus werden in verschiedenen Stadtteilen Turniere organisiert. Schrittweise wurde auch damit begonnen, in den Schule Werbung für diese Veranstaltungen zu machen (vorher Werbung nur über Mobile Jugendarbeit und das Stuttgarter Jugendhaus). Hiermit sollen noch mehr Jugendliche angesprochen werden. 5.4Spieloffensive Weingarten Weingarten liegt im Westen von Freiburg und ist einer der sozialen Brennpunkte der Stadt. Der Stadtteil ist sehr Kinder unfreundlich, obwohl hier sehr viele Familien mit Kindern wohnen. Es gibt kaum Spielflächen, die Nachbarn beschweren sich wegen des Lärms, die meisten Sportangebote sind weit entfernt. Die Spieloffensive ist eine Einrichtung der freien Kinder- und Jugendhilfe. Ihr Ziel ist es, die Situation der Kinder und Jugendlichen in Weingarten zu verbessern. Man arbeitet vor allem auf "Vernetzungs- und Aktivierungsebene". Kinder und Jugendliche sollen zu bewegungs- und sportbezogenen Aktivitäten motiviert werden. Wichtig ist hierbei die Knüpfung und die Pflege von Kontakten zwischen den einzelnen sozialen Einrichtungen. Beteiligt sind die Weingartener Sportvereine, die Mobile Jugendhilfe, die Spieloffensive selbst, der Landessportverband und die Evangelische Fachhochschule, die sich direkt im Stadtteil befindet. Die Spieloffensive wurde in 3 Phsen durchgeführt. Zuerst gab es eine Sportfreizeit im Schwarzwald, dann ein großes Spiel- und Sportfest und zu guter letzt wird nun einmal pro Woche ein Sportangebot organisiert. Dies ist selbstverständlich nicht genug, die Jugendlichen werden aber animiert, sich in der übrigen Zeit auch sportlich zu betätigen. In Weingarten laufen aber auch andere Projekte wie zum Beispiel die Mobile Jugendarbeit Weingarten-Ost. Sie hat zum Ziel, die Jugendlichen nicht nur für ein paar Stunden von der Straße zu holen. Wichtig ist hierbei, die Lebensumstände der Jugendlichen in die Arbeit miteinzubeziehen, denn gerade in ihrem direkten Umfeld (Familie, Schule...) entstehen Konflikte und können Konflikte verhindert werden. Es ist also wichtig, das Umfeld der Betroffenen kennenzulernen. Schwerpunkte der Mobilen Jugendarbeit sind also die aufsuchende Arbeit, die Clubarbeit (Räumlichkeiten schaffen, Freizeiten organisieren...), die Einzelfallhilfe (Beratung und Begleitung) und die Gemeinwesenarbeit (Gremien und Arbeitskreise mit den Jugendlichen) (vgl. Seibel in Scheid, 171).
6Der Hort Zum Schluß möchte ich auf eine Einrichtung eingehen, in der der Sport große Zukunftschancen haben könnte, den Hort. Ein Hort ist eine sozialpädagogische Tageseinrichtung der Jugendhilfe, die durch das KJHG auch gesetzlich verankert wurde (Paragraph 22 KJHG). "Laut KJHG soll in ihm die Entwicklung des Kindeszu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert werden. Betreung, Bildung und Erziehung sollen an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren" (vgl. Seibel, 171). Der Hort ist eine Nachmittagsbetreuung für Kinder zwischen ca. 6 und 11 Jahren.
6.1Die Geschichte des Horts Schon seit 1890 gab es Einrichtungen für Knaben als Ersatz häuslicher Fürsorge zur Beseitigung von sozialen Mißständen. Während der reformpädagogischen Bewegung nach 1910 war die Blütezeit der Hortpädagogik. Im Jahre 1922 wurde das Berufsbild der Hortnerin sogar im Reichsgesetz der Jugendwohlfahrt verankert. Während der Nazizeit spielten die Horte dann keine große Rolle mehr. In der Zeit von 1945 bis 1990 muß man die beiden deutschen Staaten getrennt betrachten, denn die Situation der Horte konnte unterschiedlicher nicht sein. In der DDR war der Hort eine der wichtigsten Einrichtungen, um die Berufstätigkeit beider Elternteile gewährleisten zu können. Morgens gingen die Kinder in die Schule, danach in den Hort. Hinzukam die Ausbildungssituation und die Stellung der Erzieherberufe. Die wurden gleichgestellt mit den Lehrberufen (Lehrer an der Schule, Dozenten...). Nach 1978 hatten Erzieher/innen sogar die gleiche Ausbildung wie die Lehrer/innen. Für alle Kinder wurde ein Hortplatz bereitgestellt. In der BRD sah das ganze etwas anders aus. Es gab und gibt eine hierarchische Gliederung von Bildungssystem und öffentlicher Erziehung (KJHG). Horte waren und sind vor allem als Notfalleinrichtungen gedacht. Sie sind auch in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Auch nach der Wende gibt es trotz einer Neubewertung der Hortsituation immer noch große Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern. In den neuen Bundesländern wurde viele Horte geschlossen, in den alten einige geöffnet. Es gibt aber kein bundeseinheitliches Modell, das die Hortsituation regelt. Es wurden aber einige regionale Modelle ins Leben gerufen, wie in Baden-Württemberg das Projekt "Hort an der Schule". Es gibt in Baden-Württemberg auch drei sogenannte "Sporthorte". Ein hiervon möchte ich zum Schluß vorstellen. 6.2 Der Schülerhort der Freien Turnerschaft von 1844 e.V. (FT) in Freiburg Zunächst ist zu erwähnen, daß der Schülerhort nicht die einzige sozialpädagogische Einrichtung der FT ist. Es gibt noch einen Spieltreff für die Kleinsten (2-3 Jahre), einen Sportkindergarten und einen integrativen Sportkindergarten, wo behinderte und nichtbehinderte Kinder aufgenommen und gemeinsam betreut werden. Der FT-Schülerhort ist eine Einrichtung zur außerschulischen und familienergänzenden Betreuung, Erziehung und Bildung für Schüler der 1.-4. Klasse, also für Grundschüler. Die persönliche und soziale Erziehung der Kinder soll gefördert und Bewegungsmangel ausgeglichen werden. Die Kinder sollen sich eine Handlungskompetenz für eine aktive Freizeitgestaltung erwerben. Es gibt diesen Hort seit August 1992. Im Winter 98/99 waren insgesamt 17 Kinder angemeldet, fast genau jeweils zur Hälfte Jungen und Mädchen. Auffallend ist, daß bin auf ein Kind alle Kinder von alleinerziehenden Müttern sind. Hier ist klar die Zielgruppe der meisten Hort in Baden-Württemberg zu erkennen. Bei einem Viertel der Familien des Hortes in Freiburg ist die wirtschaftliche Situation schlecht, bei einigen wenigen gut bis sehr gut. Die Kinder kommen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, denn es gibt keinen Fahrdienst. Die meisten gehen in die Grundschulen der Umgebung, nur einige wenige kommen von weiter weg. Die Räumlichkeiten sind nahezu perfekt. Das Haus in dem sich der Hort befindet wird morgens vom Kindergarten genutzt und steht nachmittags dem Hort zur Verfügung. Außerdem können die Sportanlagen des Vereins genutzt werden. Hierzu zählen die Außenanlagen mit Stadion und Bolzplatz und die Innenanlagen mit Schwimmbad, Hallen und Kegelbahn. Für den Hort ist jeden Nachmittag eine dieser Anlagen reserviert, es können aber auch leerstehende andere benutzt werden. Außerdem befindet sich nur 5 Minuten entfernt ein Abenteuerspielplatz. An Unterstützung erhält der Hort 20.000,- DM jährlich vom Land Baden-Württemberg. Für jedes Kind, egal wie die wirtschaftliche Verhältnisse der Mutter sind, wird im Monat ein Beitrag von 195,-DM verlangt. Hierzu kommt noch der Vereinsbeitrag von 17,- DM pro Monat. An Betreuern gibt es einen Sozialarbeiter mit eine Dreiviertelstelle und eine Erzieherin mit einer halben Stelle. Letztere arbeitet morgens im Kindergarten. Interessant ist, daß nicht wie sonst üblich ein Sozialpädagoge die Leitung des Hortes hat, sondern ein Sozialarbeiter. Beide Betreuer haben keinerlei sportliche Zusatzausbildung. Doch wie sieht ein Nachmittag im Hort aus, was werden für Angebote gemacht? Der Hort ist ab 10.30 Uhr geöffnet, falls Kinder früher mit der Schule fertig sind. Zwischen 13 und 13.30 Uhr erscheinen dann die meisten, und es gibt Mittagessen. Dieses Essen bereitet das Restaurant des Sporthotel. Dann folgt der Teil, der die meiste Zeit in Anspruch nimmt, die Hausaufgabenbetreuung. Sie findet in zwei Gruppen statt und ist besonders wichtig, da ungefähr die Hälfte der Kinder schlecht in der Schule sind, 3-4 sogar versetzungsgefährdet. Es besteht auch ein Kontakt zwischen den Betreuern und den Lehrern (Klassenlehrer) und Eltern der Kinder. Hier kann der Betreuer der Horts Inforationen holen und weitergeben, so zum Beispiel den Eltern empfehlen zusätzlichen Förderunterricht für das Kind zu organisieren. Denn solange die Zeit der Hausaufgabenbetreuung auch ist (bis 15.40 Uhr), auf jedes einzelne Kind kann nicht hundertprozentig eingegangen werden. Es können aber immerhin einige Probleme gelöst werden. Vor allem der Kontakt zu den Lehrern ist hierbei wichtig. Um 15.40 Uhr kommen dann noch einmal alle zusammen, bevor es um 16 Uhr zum Sportprogramm geht. Wie schon erwähnt, ist an jeden Tag eine Anlage der FT für den Hort reserviert. Sollten die Wünsche der Kinder nicht anders sein, wird am Montag Inliner gefahren (der Lieblingssport der meisten), am Dienstag geschwommen, am Mittwoch Trampolin gesprungen und am Freitag gekegelt. Am Donnerstag findet im Hortgebäude Zirkussport statt. Es besteht aber vor allem im Sommer immer die Möglichkeit, dieses Programm zu verändern. Alles in allem ist der Hort sicher eine sehr gute Einrichtung, gerade für alleinerziehende Eltern. Auch wenn der Sport eine kleinere Rolle als die Hausaufgabenbetreuung spielt, so ist er doch fest im Konzept verankert. Dies überrascht nicht, denn schließlich ist der Träger ein Sportverein. Allerdings ist im Programm des Vereins klar festgeschrieben, daß der Hort nicht leistungsorientiert ist.
7Fazit Wie schon der Einleitung erwähnt, ist es unumstritten, daß der Sport eine wichtige Rolle in der sozialen Arbeit spielen kann. Es gibt auch schon einige, die dies in der Praxis umsetzen, sowohl in der Ausbildung der später in Berufen sozialen Arbeit Tätigen als auch in verschiedenen Projekten. Allerdings ist die Kooperation der beiden Beteiligten, Sport und soziale Arbeit noch lange nicht optimal. So ist wohl das Wort "Vernetzung" das Wort der Zukunft für den Sport in der sozialen Arbeit.
8. Literaturverzeichnis
Becker, Peter: Sozialarbeit mit Körper und Bewegung. Afra Verlag, Frankfurt/M 1994
Becker, P., J. Koch, J. Schirp: Jugendbezogene Sozialarbeit mit Körper und Bewegung in der Modernen Gesellschaft. Afra Verlag, Franfurt/M 1991
Fessler, N., B. Seibel, K. Strittmatter: Sport und Soziale Arbeit. Hofmann Verlag, Schorndorf 1998
Schilde, Kurt: Sport in der Jugendarbeit. Express Ed., Berlin 1988
Seibel, Bernd: Sport und soziale Arbeit- die Entwicklung sportbezogener Sozialarbeit,
in: Walter, J. (Hrsg.): Sozialarbeit/Sozialpädagogik als Studium und Wissenschaft Freiburg 1997
Seibel, Bernd: Zwischen Sport und Jugendhilfe- sportbezogene lebensweltorientierte soziale Arbeit mit sozial benachteiligten jungen Menschen. In: Scheid, V. (Hrsg.): Soziale Funktionen des Sports. Schorndorf i. Dr.
Sportjugend Hessen: Sportbezogene Sozialarbeit in Europa. Frankfurt/M 1995
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